Dienstag, 26. Juli 2011

Worauf Architekten stolz sind ...

In der Berliner Vorstadt in Potsdam steht eine eindrucksvolle klassizistische Villa, ein würdevoller Bau mit weißem Portikus. Ein lokaler Architekt ist nun stolz darauf, den Bau um ein Vordach ergänzt zu haben. Und was für ein Vordach: Ein hübsches Produkt der Fassadenindustrie. Sehen und staunen:
http://www.müller-guilford.de/0000009a560d09a12/index.html

Samstag, 9. Juli 2011

Schönheit im Alter

Foto: (c) Nils Aschenbeck

Manche Häuser werden nicht gepflegt. Manche Häuser stehen leer und verfallen. Ruinen. Ruinen sind unschön, hässlich, müssen dringend saniert werden. Oder? Manche Häuser werden im alter schön, bekommen im Alter eine eigene würde. - Gesehen im fränkischen Ebenhausen.

Montag, 4. Juli 2011

schwere last

Gesehen in Fulda: Ein kleiner Mann muss die Architektur tragen. Hartes Schicksal im katholischen Dom.

Aber der Engel wird erwachsen - stolzer Blick auf die Architektur.

Dom in Fulda am 4. Juli 2011. Foto (c) Nils Aschenbeck

Sonntag, 26. Juni 2011

Kunsthalle Bremen (II)

... und hier das Foto der Kunsthalle mit ihren Schraubzwingen-Anbauten.

Kunst in der KABA-Fabrik

Gestern hatte ich eine Führung durch die alte KABA-Fabrik in Bremen. Nicht nur die Architektur war interessant, auch die Wände der leerstehenden Fabrik boten manche Überraschung.





alle Fotos: (c) Nils Aschenbeck

Montag, 20. Juni 2011

Plattensterbern

Noch bis zum 26. Juni in Ueckermünde - eine Ausstellung zum Niedergang des Plattenbaus, Fotografien von Robert Conrad. Ein Beispiel für den Niedergang der Moderne - nach 30 Jahren Abriß ...

Samstag, 18. Juni 2011

Die Überlegenheit der Modernen Architektur (?)

Zur Zeit wird die Erweiterung der Kunsthalle in Bremen gebaut. Betrachter glauben kaum, was sie sehen - eine massive Erweiterung zu beiden Seiten des Gebäudes von 1849, die wie ein Schraubzwinge den Altbau in ihre Mitte nimmt, ihn erdrückt, ihn erniedrigt. Es gab einen Wettbewerb, eine Jury ... Was ist passiert? Konnte dieses Ergebnis gewollt sein? Wieso hat man sie dann nicht gleich ganz abgerissen, die altehrwürdige Halle? Ich bleibe dran an diesem Thema. Gründe. Interpretationen.

Zitat von der Seite "www.kunsthalle-bremen.de":

Die erweiterte Kunsthalle fügt sich harmonisch in die Wallanlagen ein, wobei die Flügelbauten die im ersten Bau von 1849 angelegte Symmetrie des Gebäudes wiederherstellen. Innen setzt sich dieses Konzept beispielsweise durch die rechts und links angeordneten Treppenhäuser fort.
Peter Pütz vom Büro Hufnagel Pütz Rafaelian betont das "Wechselspiel zwischen dem Bestand und der modernen Ergänzung. Nachbarschaftlich aber eigenständig verbinden sich Alt- und Neubau zu einem Ganzen." Dies spiegelt sich auch in den verwendeten Materialien wider. Die Außenfassade des Altbaus besteht aus Sandstein, die beiden Kuben des Erweiterungsbaus erhalten eine Fassade aus auf Hochglanz geschliffenem Betonwerkstein mit Naturstein-Zuschlägen.


Architektenpoetik: Harmonisch ist die Symmetrie der Neubauten, nicht aber die Verbindung zum Altbau. Eine Frechheit geradezu ist es, zu behaupten, dass die Neubauten den Altbau verbessern, die alte Architektenabsicht wiederherstellen. Bilder folgen - und sie werden das Desaster verdeutlichen. 

Dienstag, 14. Juni 2011

Tische als Ausdruck der Individualität: "Die Steigerungsform von IKEA"

Der Schweizer Tagesanzeiger berichtet über eine merkwürdige Mode in der reichen Schweiz. Während alle Einrichtungsgegenstände von IKEA oder von anderen Großanbietern bezogen werden, während die Standardisierung des Wohnens voran schreitet und eigentlich längst kaum noch zu überbieten ist, beginnen die Schweizer ausgerechnet den Tisch, das vielleicht am einfachsten zu standardisierende Einrichtungsstück, individuell vom Tischler anfertigen zu lassen. Für den individuellen Tisch, der sich schließlich meist nicht so sehr vom Industrie-Tisch unterscheidet, der aber eine Geschichte hat (Pfahlholz aus der Lagune von Venedig ...), werden Unsummen bezahlt, oftmals mehr als für die ganze sonstige Einrichtung. Der Tisch, der aussieht wie ein Tisch, wird Ausdruck der Persönlichkeit, erkennbar nur noch am Preisschild ... Hier der link mit weiteren schönen Beispielen.

Donnerstag, 9. Juni 2011

Bilderberg St. Moritz

Treffen in einem Sanatorium, das kurz vor dem Ersten Weltkrieg (1912) errichtet wurde: Die Bilderberger treffen sich dieses Jahr in der Schweiz, dort, wo sich um 1900 europäische Intellektuelle zusammenfanden und schon einmal über eine neue Weltordnung nachdachten. Damals waren sie an Tuberkulose erkrankt und hatten viel Zeit über eine zukünftige Gesellschaft nachzudenken. Sie lasen Nietzsche, Langbehn – und philosophierten. Die ganze Moderne hat eine ihre Wurzeln in den alpenländischen Sanatorien.

Kritische Informationen zum Treffen unter wearechange.ch oder bei Freeman.

Mittwoch, 8. Juni 2011

Frank Lloyd Wright - und das Scheitern der Moderne




Soeben im Internet gefunden: Ein lesenswerter Post über Frank Lloyd Wright, geschrieben vom Bremer Kollegen Silvae. Über Wright, Voysey und die "Enthaltsamkeitsarchitektur". Silvae endet mit einem ernüchternden Fazit:
"So schön und so richtig das alles ist, was er (F.L. Wright)  in A Testament sagt, was ist aus der Vision in der Realität geworden? Hat die Architektur jemals in der Praxis ihre schönen statementseinlösen können? Tom Wolfe hat in seinem wunderbaren Buch ▷From Bauhaus to Our House nichts Gutes über die Päpste der modernen Architektur zu sagen. Und Prince Charles mit seinen Ansichten über die moderne Architektur wollen wir jetzt lieber nicht erwähnen. Wright hat für eine gutbetuchte Elite gebaut. So long, Frank Lloyd Wright. Für den Rest von Amerika bleibt aber nur eine seelenlose, konforme Architektur."
So ist es. Der Weg der Moderne, die der Architektur eine neue Bedeutung, einen wahrhaftigen Inhalt geben wollte, mündete in einer dramatisch schlechten Architektur, in verdorbenen Vorstädten, in Architekturen, die nach drei oder vier Jahrzehnten wieder abrissreif sind. Er mündete in einer Auflösung jeder Bedeutung. Es liessen sich weitere Bücher nennen, wie die von Jane Jacobs oder Alexander Mitscherlich, die sich kritisch mit der Moderne auseinandersetzen. Und unbedingt ansehen: Koyaanisqatsi setzt sich als Film mit der Moderne auseinander - faszinierend und ernüchternd (siehe oben, Trailer).Letztlich ist es wohl der richtige Weg, den Leon Krier, der Berater von Prince Charles, uns aufzeigt: Ein neuer Historismus ist beim Publikum erfolgreicher als jede moderne Architekturstrategie. Und ist es ein Fehler, wenn Architektur den Menschen gefällt?
Allerdings muss man Wright und Voysey auch in Schutz nehmen. Sie gelten zwar als Vorreiter der Moderne, sie haben es aber dennoch verstanden, den modernen Anspruch der Architektur (Bedeutung, Wahrhaftigkeit) mit den Bedürfnissen der Bewohner und auch der Betrachter auszugleichen. Sie hatten noch eine Gabe, auf die eine nachfolgenden Generation (Gropius, Mies van der Rohe) verzichten zu können glaubte.

Dienstag, 7. Juni 2011

Sanatorium Apolant


In Bad Kissingen verfällt seit vielen Jahren ein Bau des Architekten Paul Schultze-Naumburg (Schloss Cecilienhof, Potsdam), das ehemalige Sanatorium Apolant. Alle Pläne, es neu zu nutzen, konnten bislang nicht verwirklicht werden. Das Gebäude (etwa 1910) verkommt jedes Jahr mehr. Hier einige Bilder.




alle Fotos: (c) Nils Aschenbeck



Freitag, 3. Juni 2011

Stadt im Abbruchwahn

Gewohntes Bild: Baustellen in Lugano (Foto: Lena Kornyeyeva)

In der Neuen Zürcher Zeitung können wir heute lesen, wie Lugano sein historisches Erbe entsorgt. Die Stadt wird immer hässlicher. Villen aus dem 19. Jahrhundert müssen einer Überbauung mit gleichförmigen Appartement bauten oder mit Bürohäusern Platz machen. Das Geld regiert. Mitverantwortlich ist ein Stadtpräsident, der selbst Architekt ist - und nicht zuletzt ein Interesse an vielen Neubauten hat.

Dienstag, 31. Mai 2011

häßliche Architektur: Beispiel Zürich

Ausgerechnet "Sonnengarten" heißt die Genossenschaft, die ein umwerfend grausiges Mehrfamilienhaus in Zürich realisiert, dass abweisender und, ja, häßlicher kaum sein könnte. Warum entwerfen Architekten solche Häuser? «Der Bau wird bereits als moderner ostdeutscher Plattenbau bezeichnet» sagen die Nachbarn. Siehe Artikel im Tagesanzeiger Zürich

Brandmauer

Foto: (c) Nils Aschenbeck

Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert sind Städte keine Einheiten mehr, keine Gesamtkunstwerke, keine abgestimmten, komponierten Gebilde. Sie sind chaotische Räume. Die Brandmauer wird zum bestimmenden Merkmal der modernen Stadt. Die Brandmauer ist die Bruchzone zwischen verschiedenen Stadtkonzepten. Die Brandmauer erscheint, wenn ein Altbau Neuem weichen muss – damit in eine bestehende Bebauung ein Neubau eingefügt werden kann. Brandmauern entstehen aber auch, wenn neue Straßen durch alte Quartiere gezogen werden. Schon Fontane schreibt in seinem Stechlin von einer Brandmauer in Berlin – an der eine große Werbung für Ersatzkaffee gespannt ist. Und in dem Billy-Wilder-Meisterwerk "Menschen am Sonntag", der in Berlin im Jahr 1930 spielt, sieht man in wilden Kamerafahrten die Berliner Brandmauern, auf die natürlich Werbebotschaften aufgemalt sind.
Eine besondere Brandmauer ist in Bremen an der Bismarckstraße zu finden (siehe Foto). Der Baumeister des Reihenhauses, hier: des Endhauses, wusste wohl nicht, ob es eine anschließende Nachbarbebauung geben wird. Oder er war einfach zu faul, um eine Ecklösung zu entwerfen. Aber in dem großbürgerlichen Quartier, das immerhin architektonische Einheit vorgeben sollte, durfte auch keine profane Brandmauer entstehen. Deshalb wurde sie verkleidet - mit einer eindrucksvollen Blendfassade. Nur an einer kleinen verbliebenen Ecke hat es dann doch eine Werbung geschafft, die Brandmauer zu besetzen. 

Dienstag, 24. Mai 2011

Draussen trinken - Mediterranisierung

In den Städten grassiert die »Mediterranisierung«, konnte man jetzt im Fernsehen lernen. Die Menschen verbringen ihre Abende und Nächte gerne draussen, treffen sich auf Plätzen, trinken Bier und lärmen. Anwohner sind verzweifelt, Ordnungsbehörden weitgehend machtlos.
Diese Tendenz, das Leben auf die Straße zu verlagern, ist seit etwa drei Jahrzehnten zu beobachten. Während es noch in den 1970er Jahren kaum Straßencafés gab (nur Biergärten waren eine Ausnahme), verlangen die Kunden heute von jeder Gastronomie ein Freiluft-Angebot. Ist es der Klimawandel, der die Menschen an die frische Luft lockt? Oder sind es die Rauchverbote in geschlossenen Kneipen und Restaurants, die ein Treffen im Freien attraktiver machen? Ich denke, die Mediterranisierung ist eine Errungenschaft der Globalisierung. Dass, was die Menschen im Urlaub positiv erleben, in Spanien, Griechenland oder Italien, das wollen sie in ihr privates Umfeld übertragen. Es ist also ein Prozess, der in der Nachkriegszeit begonnen hat und der sich immer weiter fortsetzt, der auch immer breitere Bereiche der Gesellschaft erfasst. In Bremerhaven wurde er vor zwei Jahren kommerzialisiert: dort steht das Einkaufszentrum »Mediterraneo«, das die neu gewachsenen Bedürfnisse der Menschen gezielt abfängt - mit einer pseudo-italienischen Kulissenlandschaft.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Lewis Mumford zur Architekturkrise

"Keine Aristokratie der Welt hat jemals daran gezweifelt, dass dem Wohnhaus, dem Garten und dem Tempel vor allen niedrigen Einrichtungen des Lebens der Vorrang gebührt, und die volkstümlichen Zivilisationen, aus denen sich die Aristokratie zu entwickeln pflegte, haben sich fast ausnahmslos an diese Realitäten gehalten. In den altnordischen Fabeln gelten die Zwerge als seltsame Unholde, weil man sie nur als das geschäftige Volk kennenlernt, dessen ganzer Stolz und ganzes Glück in der Arbeit besteht, die sie verrichten, und in dem Unheil, das sie anrichten.

Das große Ketzertum der modernen Menschheit besteht darin, dass sie aufgehört hat, die hohen Mächte anzubeten, die über Leben und Tod gebieten, die den Wassern ihren Lauf vorschreiben, die den Tieren befehlen, sich zu paaren, und die das jährlich wiederkehrende Wunder der Schöpfung bewirken. Und statt dessen liegt sie vor der maschinellen Erfindungsgabe der Zwerge und vor den Riesen mit ihrer geistesschwachen Kräfteentfaltung im Staube. Heute aber steht es so, dass unser Dasein dauernd von diesem geschäftigen Volke bedroht ist, dass ihre Maschinen unsere Umgebung bilden, und dass wir unserem Gotte dienen, indem wir ihre mechanischen Gebeträder in Gang halten.
So wird es nicht ewig bleiben; das wäre zu furchtbar. Früher oder später einmal müssen wir herausfinden aus all den Trümmern, die das Werk der Zwerge, Gnomen und Reisen sind, und die Zeit wird kommen, wo, um Henry Adams Bild zu übernehmen, die heilige Mutter an die Stelle der Dynamos treten wird. Die Aussichten für unsere Architektur sind mit einer Neuorientierung auf allen Gebieten verknüpft, deren Symbole das Heim, der Garten und der Tempel sind. Denn die Architektur ist das Spiegelbild der Zivilisation und das Gefäß, das sie bewahrt. Unsere Bauwerke können niemals besser oder schlechter sein als die Institutionen, die sie gestaltet haben."

aus: Lewis Mumford, Vom Blockhaus zum Wolkenkratzer, Eine Studie über amerikanische Architektur und Zivilisation, dt. Ausgabe Berlin (1925), das Zitat ist das komplette Nachwort.

Wenn man von der religiösen Symbolik absieht - Mumford war noch nie so aktuell wie heute. Die Zwerge bestimmen längst die Städte - weltweit. Architektur ist nur noch Zwergenwerk, hat keine Bedeutung mehr. Ästhetik hat sich atomisiert.

Mittwoch, 18. Mai 2011

Verschwörungstheorien und NWO

Zur Zeit kommt man nicht umhin, über Verschwörungen nachzudenken. Was geschah mit dem IWF-Präsidenten? Wurde Bin Laden wirklich erschossen? Was machte die Politik-Elite im Juni auf der Bilderberg-Konferenz? Und viele Themen mehr. 

Verschwörungstheorien haben allerdings ein Fehler in sich. Sie setzen voraus, dass die Verschwörer überaus intelligent sind (sie sind mit komplexen Strategien erfolgreich) und dass alle Beteiligten jahrelang oder für immer schweigen. Dabei gibt es viele potentielle Verschwörungen (9/11), die sehr viele Mitwisser voraussetzen. Ein durchgängiges Schweigen aller Beteiligten ist also unwahrscheinlich (oder vielleicht auch nicht, wenn man an Mafia-Organisationen denkt). 

Wenn wir uns die amerikanischen oder deutschen Politiker anschauen, die in der Regel nur bis zur nächsten Wahl denken, dann halte ich hier aktive Verschwörungen für unwahrscheinlich. 

Anderseits bleibt häufig ein Nachgeschmack. Wieso ist Ex-IWF-Präsident Horst Köhler plötzlich vom Bundespräsidentenamt zurückgetreten. Vermutlich gab es einen gewichtigen Grund, den wir nicht kennen? Weshalb ist Al Quaida von den Amerikanern finanziert worden – und dann plötzlich eine antiamerikanische Terrororganisation geworden. Wer hat Uwe Barschel ermordet?

Stehen dahinter immer Aktivisten der Neuen Weltordnung (NWO), wie Verschwörungstheoretiker gerne behaupten? Oder hat jeder »Fall« singuläre, individuelle Hintergründe?

Zur Zeit geben die Ereignisse der Welt viel Anlass zum Nachdenken – auch genügend Anlass, nicht mehr an die Trivialität der Ereignisse zu glauben. 

Sonntag, 15. Mai 2011

Zdob si Zdub - sowjetische Kulturgeschichte

Heute keine Architektur, sondern ein Stück Kulturgeschichte: Die moldawischen Band Zdob si Zdub hat gestern beim European Song Festival den 12. Platz belegt. Hier ein Stück der gleichen Band aus dem Jahr 2001 - ein ironischer Umgang mit der Sowjetwelt in Moldawien. Aber seht selbst.



Mittwoch, 11. Mai 2011

Panik und Selbstversorgung

Wenn mann durch die Blogs und Foren des Internets wandert, dann bemerkt man, dass sich langsam, ganz langsam Panik ausbreitet. Was wird aus der Welt, wenn der Euro zusammenbricht? Wenn der Dollar kollabiert? Immer häufiger lesen wir, dass wir uns auf nichts mehr verlassen können, schon gar nicht auf die Sicherheit der Versorgung. Es gibt Anbieter, die uns Lebensmitteljahresrationen anbieten. Man kann sie im Keller einlagern – und dann mit einem guten Sicherheitsgefühl schlafen. Man kann Grundstücke in Panama kaufen und sie selbst bewirtschaften. Als Selbstversorger gegen die Krise. Und man bekommt Anleitungen für Pflanzencontainer. Selbst auf dem Balkon soll eine Selbstversorgung möglich sein (www.growtainer.de).

Sonntag, 8. Mai 2011

Nazi Denkmal

Foto: Kunst (aus: Kaldewei: Stedingsehre, 2006)


Die Freilichtbühne "Stedingsehre" wurde ab 1934 im niedersächsischen Bookholzberg bei Bremen errichtet. Es entstand eine Tribünenanlage mit massivem Kulissendorf nach einem Entwurf des Bühnenarchitekten Reimann. Das Kulissendorf soll das Dorf Altenensch darstellen, in dessen Nachbarschaft die freien Bauern, die sich Stedinger nannten, von den Bremer und Oldenburger Bischöfen im Jahr 1234 blutig unterworfen wurden. Seit 1834 erinnert nahe Altenesch bereits ein Gedenkstein, aufgestellt vom Oldenburger Herzog (als symbolische Wiedergutmachung) an die Schlacht.
Die Nazis erkannten die symbolische Qualität des Stoffes – die Unterdrückung freier, stolzer Bauern durch Bischöfe. Sie entschieden sich, für das Bühnenstück des Oldenburger Schriftstellers August Hinrichs – "De Stedinge" - eine eigene Freilichtbühne zu errichten.
Das Kulissendorf bestand aus zahlreichen Fachwerkhäusern, einer massiven Kirchen (Innen Beton, Außen Feldsteine), einem Wassergraben und sogar einem Deich mit einer Sielöffnung.
Die Besondere Qualität der Anlage bestand darin, dass man von der Tribüne über das täuschend echte Kulissendorf hinwegblicken konnte und im Hintergrund, auf der Niederung der Wesermarsch, das tatsächliche Altenesch, den historisch belegten Ort der Schlacht erkennen konnte. In Bookholzberg entstand ein Spiel oder ein wirkungsvolles Miteinander von Simulation und Realität.
Viele tausend Menschen besuchten das Bühnenstück, sie wurden mit Zügen aus Oldenburg und Bremen gebracht.
Doch bereits 1937 wurden die Aufführungen beendet. Die Idealisierung des deutschen Bauern passte nicht mehr in die nationalsozialistische Ideologie. In den Fachwerkbauten wurde eine "Gauschulungsstätte" eingerichtet, weitere Bauten wurden errichtet.
1943 wurde die Kirche von einer Fliegerbombe zerstört – man kann aber noch die Grundmauern erkennen. Die Fachwerkbauten werden vom Berufsbildungswerk Bookholzberg genutzt. Die Tribüne befindet sich in einem traurigen Zustand – immerhin konnte eine Überbauung der denkmalgeschützten Anlage vor einigen Jahren verhindert werden.

Foto: (c) Nils Aschenbeck

Foto: (c) Nils Aschenbeck

Dienstag, 3. Mai 2011

Entwurfsmoratorium!

Niemand hat Deutschland in den letzten sechs Jahrzehnten so sehr zerstört - wie die Architekten. Häuser, die sehenswert sind, wurden mit Sicherheit vor dem Zweiten Weltkrieg errichtet. Architektonische Katastrophen stammen mit Sicherheit aus der Zeit danach. Man hat den Eindruck, das nach 1945 (vermutlich schon ein paar Jahre länger) die Architekten dazu ausgebildet werden, monströse Gebilde in bis dahin schöne Städte zu setzen. Jede Generation rechtfertigt Architektensünden mit dem Hinweis, dass man eben zeitgemäß bauen müsse, dass ein Bauwerk die Zeit repräsentiere. Arme moderne Zeit! Geht es uns so viel schlechter als den Menschen um 1880 oder um 1900. Haben wir diese unsensible Architektur, mal ganz in Beton oder, wie heute, meist ganz aus Glas, wirklich verdient? Gehen Sie in die Städte, die im 19. Jahrhundert oder um 1900 groß geworden sind. Jeder Stadtteil aus dieser Epoche ist zehnmal attraktiver als jeder Stadtteil, der seit 1945 entstanden ist. Gibt es Ausnahmen? Ich kenne keine.
Im schweizerischen Basel entstehen seit Jahren extrem moderne Bauten, extreme Kästen, radikale Architektur, von Kritikern bejubelt. Doch wieso funktioniert diese Architektur in Basel? Weil sie im Kontext einer intakten Altstadt steht, weil sie aufgefangen wird von besserer historischer Architektur. Jeder des Basel-Neubauten der letzten 20 Jahre würde in einer der kaputten deutschen Städte nicht helfen, würde schon im benachbarten Lörrach deplaziert wirken. Die Schweizer Botschaft in Berlin, ist, mit Verlaub, eine architektonische Zumutung, die im Baujahr bejubelt wurde, die aber mit jedem jahr, das seitdem vergeht an Traurigkeit gewinnt. Berlin kann Chaos und Beton ertragen, aber die Stadt lebt von der Schönheit des 19. Jahrhunderts, von der Schönheit der "Mietskaserne".
Liebe Architekten. Baut ein Jahr lang keine eigenen Entwürfe. Kopiert bitte die Ideen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert (bis 1914). Verzichtet auf eigene Ideen, solange sie nur Moden wiedergeben. Manche Ausnahmen mögen gerechtfertigt sein. Ja, begründet eure eigenen Ausnahmen, erklärt, warum eure Entwürfe die Stadt nicht weiter zugrunde richten. Ich will mich gerne überzeugen lassen.

Sonntag, 1. Mai 2011

Sensenmann


gesehen im Bremer Ostertor-Viertel.
Foto: (c) Nils Aschenbeck

Dienstag, 26. April 2011

Shootings in der Südzentrale

(c) Sarah Kelly http://boosaky.blogspot.com


Das vor dem Abriss stehende Marinekraftwerk "Südzentrale" der Kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven (siehe älteren Artikel in diesem Blog) ist seit Jahren beliebte Location für Fotografen. Eindrucksvolle Arbeiten zeigt die Fotografin Sarah Kelly in ihrem Blog (http://boosaky.blogspot.com). Sie bietet in ihrem Blog an, am voraussichtlich letzten Shooting in der Südzentrale teilzunehmen (siehe Bild unten). – Danke für die Genehmigung, die Bilder hier zu posten.

(c) Sarah Kelly http://boosaky.blogspot.com
(c) Sarah Kelly http://boosaky.blogspot.com

Jalta - neu gegen alt



Im beliebten ukrainischen Kurort Jalta auf der Krim steht alte Architektur aus dem 19. Jahrhundert neben neuen, schnell errichteten Hochhäusern und Appartement-Blöcken. Jeder Gang durch Jalta ist eine Entdeckungsreise. Jalta hat nur etwa 80.000 Einwohner, eine im ukrainisch-russischen Vergleich geringe Einwohnerzahl. Aber die vielen Touristen lassen den Ort am Schwarzen Meer viel größer erscheinen. Der boomende Tourismus – vor allem Russen kommen in den Ort mit subtropischen Klima – gefährdet jedoch die alte Architektur – Paläste, Geschäftshäuser und Holzhütten.

Typisch Jalta: Eine wildwuchernde Stadt


Neubau mit historischen Anklängen

Sowjet-Kiosk

Jugendstil-Detail an einer Villa


Neubau- und Sanierungsprojekt. Hier lebte der armenische Komponist
Alexander Spendiarov von 1901 bis 1916

alle Fotos: (c) Nils Aschenbeck

Montag, 25. April 2011

Architektur, Selbstmorde und andere Katastrophen


Der französische Philosoph Paul Virilio sagt, dass jede Technik, jedes Medium seine eigene Unfallart hervorbringt. Mit der Eisenbahn kamen die Zugunglücke, mit der Atomenergie die Größten Anzunehmenden Unfälle (GAUs). Was sind nun die Unfälle, die moderne Architektur hervorbringt? Etwa Hauseinstürze, kollabierende Hochhäuser bei Erdbeben oder gar symbolische Zerstörungen wie die der Twintower am 11. September 2001?
Tatsächlich lassen sich Katastrophen oder singuläre Unglücke direkt mit Architektur in Verbindung bringen. So besteht eine enge Abhängigkeit von Selbstmorden und der modernen Stahlbetonarchitektur. Es ist nicht nur die Höhe von Hochhäusern, die den Selbstmord begünstigt. Auch die Stapelung einsamer Menschen in serieller Betonarchitektur beinhaltet als Fluchtmöglichkeit den Selbstmord, den Sprung von der trostlosen Dachfläche hinunter auf die Teerfläche der Straße. 

Samstag, 23. April 2011

Sterben der Monumente

Das 1911 fertiggestellte Kraftwerk der ehemals Kaiserlichen Marinewerft in Wilhelmshaven steht vor dem Abriss. Die Eigentümer, eine Immobiliengesellschaft aus Westfalen, haben bereits den gesamten Baumbestand abholzen lassen - die Bagger werden wohl bald anrücken. Das Gebäude, dem Manche den Rang eines Weltkulturerbes zukommen lassen, wurde in den letzten Jahren von zahlreichen Fotografen als Location benutzt.
Mit der Südzentrale wird das eines der bedeutendsten technisch-industriellen Denkmäler des Deutschen Kaiserreichs entsorgt. Der Giebel, vom Kaiser persönlich genehmigt, bildet zusammen mit der benachbarten Kaiser-Wilhelm-Brücke ein Monument der technisch-industriellen und militärischen Größe des Kaiserreichs.
Lesen Sie auch meinen Artikel in der NZZ

Foto: Holger Raddatz (bei dem ich mich herzlich bedanke)

Freitag, 22. April 2011

Sozialismus in der Uckermark

Foto: (c) Nils Aschenbeck

Im kleinen uckermärkischen Dorf Gramzow stösst man einer Mauer des Wirtschaftsgebäudes des Gutshofes an eine Relikt sozialistischer LPG-Zeit: offenbar liebevoll gepflegt. Aber es ist gut, wenn die Vergangenheit nicht aus der Landschaft verschwindet. Überhaupt wid zu viel abgerissen, neu gestrichen und gerade gebogen. Menschen sind daran interessiert, die Spuren zu lesen, die Geschichten zu entdecken. Liebe Bauherren, Hofbesitzer, Architekten und Landschaftsplaner: Lasst ihnen die Möglichkeiten!

Donnerstag, 21. April 2011

Fassadenkunst Bremen


In Bremen gesehen: Eine Fassade aus dem frühen 20. Jahrhundert wurde neu gestaltet, nicht vom Bauherrn, sondern von Unbekannten. Irgendwie gelungen. Bremen-Ostertor, März 2011.


Mittwoch, 20. April 2011

Friedhof Bad Kissingen


Friedhöfe sind voller Architekturen, voller Stile, gerade wenn sie im ausgehenden 19. Jahrhundert angelegt wurden. In Bad Kissingen stehen Grabsteine aus Renaissance, Neugotik und Klassizismus eng nebeneinander. Es sind marginale Architekturen aus der Gründerzeit, als der Kurort aufblühte. Die Bilder entstanden am heutigen Tag. Also liebe Architekturinteressierte: Gehen sie an diesen sonnigen Frühlingstagen über die alten Friedhöfe! Es sind Orte der Architektur.

Alle Fotos: Nils Aschenbeck (c) 2011. Veröffentlichung nur mit Zustimmung.











Dienstag, 19. April 2011

nur eine Tür blieb ...


Bei dem Abriss eines Hauses in Seehausen (Uckermark, Brandenburg) hat der Grundstücksbesitzer die Tür mit drei Treppenstufen stehen gelassen. Ich weiß nicht, was für ein Haus hier gestanden hat und wie groß der Verlust des Hauses ist. Aber die Idee, zumindest Fragmente von dem verschwindenden baulichen Erbe zu lassen, ist klug. Damit behält die Gegenwart eine historische Dimension. Immer dann, wenn ein Haus abgerissen wird, egal wie schön oder häßlich, sollte ein Fragment bewahrt und in den zukünftigen Neubau integriert werden. Diese Orte hätten dann einen link zur Vergangenheit, bekämen automatisch eine Identität.

Montag, 18. April 2011

Mosaiken Ukraine

Architektur ist alles, was gebaut wurde. Auf diesen Seiten poste ich Entdeckungen am Rande der Architekturgeschichte. Häuser und Fragmente, die in keiner Architekturgeschichte stehen.

Es geht los mit Bushaltestellen und Mosaiken aus der Ukraine.  Die Haltestellen stammen aus sowjetischer Zeit und befinden sich heute oftmals in einem traurigen Zustand. Sie stehen überall in der Ukraine und in der ganzen Sowjetunion, eine willkommene Abwechslung bei langen Autofahrten durch eine manchmal eintönige Landschaft. Das Bild oben zeigt eine maritime Haltestelle in Mykolajiwka, Südukraine ( Juni 2010). Bild (c): N. Aschenbeck, keine Veröffentlichung ohne Zustimmung.

Weseljanka. 
Bild (c): N. Aschenbeck, keine Veröffentlichung ohne Zustimmung.


Detail der Bushaltestelle Weseljanka. 
Bild (c): N. Aschenbeck, keine Veröffentlichung ohne Zustimmung.

Wandmosaik in Jalta. 
Bild (c): N. Aschenbeck, keine Veröffentlichung ohne Zustimmung.



Weitere eindrucksvolle Bilder von ex-sowjetischen Bushaltehäuschen auf der Webseite von Christopher Herwig: herwigphoto.com.